Anmerkung zu den Texten:

Alle Texte sind von Peter Löser verfasst und sein Eigentum. Jegliche Veröffentlichung, Weitergabe oder Vervielfältigung (auch in Auszügen) durch Dritte sehen wir als Diebstahl und behandeln das auch genau so.

Sollten Sie Interesse an einem Text haben wenden sie sich an uns.

Naturheilkundliche Behandlungen ersetzen nicht den Gang zum Tierarzt.

Dienstag, 16. Dezember 2008

Gedanken zur Zucht und Abgabe von Hundewelpen

Der verantwortungsvolle Züchter - von Peter Loeser -

Dass ich eine Hundeschule habe, mich intensiv mit Therapiearbeit von Hund und Halter sowie mit Tierschutzarbeit auseinandersetze, das finden die meisten Menschen ganz grossartig und bewundernswert. Doch kommt das Gespräch auf die Zucht und dann noch -wie in meinem Fall- auf American und Old English Bulldogs, dann ernte ich im optimaleren Fall ein Naserümpfen; viel öfter aber trifft mich ein vorwurfsvoller Blick, aus dem ich dann entnehmen kann, was mein Gegenüber denkt und mit was mit meinem Hobby und meiner Leidenschaft assoziiert wird: „Aha, so sieht er also aus, der geldgeile Züchter, der an Jedermann völlig verantwortungslos seine „Kampfhunde“ verscherbelt, der Rüden als Deckmaschinen und Hündinnen als Gebärmaschinen missbraucht, der die armen Tiere in irgendeiner Box ihr freudloses Dasein fristen lässt, das gerade mal solange währt, wie der Auswurf rentabel und die Qualität stimmig ist.“ Sollte ich einen verkappten Tierschützer vor mir haben, so habe ich in jungen Jahren häufig stammelnd zu erklären versucht, dass man auch ganz vernünftig und geplant züchten kann, dass es Abgabeverträge und Platzkontrollen gibt. Und wenn ich Glück hatte und überzeugend genug war, konnte ich die Furchen auf der Tierschützerstirn wieder glätten. Im ungünstigen Fall bin ich jedoch in jener Schublade gelandet, in der die ganzen anderen Züchter schon sitzen oder –ganz schlimm- musste ich schon einen Erguss von Worten über mich ergehen lassen, dass sich die Strafpredigt eines Pfarrers von der Kanzel dagegen wie Lobgesang ausgenommen hat. Von dannen schleichend habe ich mich gefragt, wie ich so alt werden konnte, wo ich doch ein solch schlechter Mensch sein soll und Lebewesen in diese Welt setze, für die ich auch noch Geld verlange. Ich verhökern quasi Familienmitglieder, wo doch hier schon so viele arme Hunde in Tierheimen sitzen (und dann noch die ganzen Hunde in den südlichen Ländern), die ja auch auf ein schönes Zuhause in einer wohl aufgeräumten Wohnung hoffen - und überhaupt: Man hört ja soviel…

Dabei kenne ich fast keinen Züchter der so oder ähnlich ist. Wie ist es also dazu gekommen, dass einem Züchter ein derartig schlechtes Image angehängt wird? Wie überall, wo zweifelsohne wichtige Aufklärungsarbeit betrieben wird, geschieht dies insbesondere seitens der Presse oft sehr einseitig. Man kennt dies zur Genüge vom leidigen Thema „Kampfhund“. Wenn ein Thema, das sicherlich der Aufklärung bedarf, eine zeitlang in den Medien herumgeistert, dann wird leider wenig daran gedacht, es objektiv zu beleuchten. Natürlich war und ist es richtig, über Missstände bei „Hundevermehrern“ aufzuklären, insbesondre seit man erkannt hat, wie viel ein Züchter erst mit der Auswahl seiner Zuchttiere und anschließend mit der Prägung und Sozialisation der Welpen dazu beitragen kann, umweltsichere und psychisch stabile Hunde auf diese unsere Lebensbedingungen vorzubereiten. Doch in den Köpfen der meisten Menschen blieb hängen: „Zucht = Ausbeutung eines Lebewesens zu Geldzwecken“ . Genauso wie heute jeder kurzhaarige und kräftige Hund ein Kamphund ist und kleine Kinder zerfleischt, „Zumindest muss man ja vorsichtig sein…!“ Keiner käme doch je auf den Gedanken, sein Kind von einem Golden Retriever wegzuziehen, da inzwischen Jeder durch einseitige Berichterstattung glaubt, Bösartigkeit sei auf bestimmte Rassen bezogen. Dabei wird mir jeder Hundekenner beipflichten, wenn ich sage: Bisse werden rasseunabhängig verteilt, wer immer auch die Schuld an solchen Vorfällen trägt.

Wie also definiert man einen guten Züchter?

Für mich verdient ein Züchter das Prädikat „gut“, wenn er seine Zuchttiere sorgfältig nach Charakter und Gesundheit auswählt - was übrigens nichts mit der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbänden zu tun hat (meist ganz im Gegenteil!) Jeder Züchter ist so gut wie seine Moral und die hat nichts mit Kontrollen eines Verbandes zu tun, so ausgefeilt die auch sein mögen. Wo es nötig ist über ein ausgeklügeltes Kontrollsystem Züchter zu überprüfen (oft beobachtet in Verbänden, die ihre Rassen anatomisch in Grund und Boden gezüchtet haben) finden sich doch auch wieder Mittel und Wege, dies zu umgehen und der Nährboden für Vetterleswirtschaft, Vitamin-b und Co ist gelegt. Es menschelt halt auch hier, einfach wie überall.
Die verantwortungsvolle Aufzucht der Welpen und mindestens ein Grundlagenwissen über Ernährung, Haltung und Erziehung, über Ausbildung und Krankheiten müssen einem guten Züchter in Fleisch und Blut übergegangen sein. Soll er doch den Welpenkäufer auch nach dem Hundekauf dahingehend beraten können und ihm im Problemfall zur Seite stehen. Dass ein Welpe auch schon mit acht Wochen an der Leine gehen kann an Geräusche und Gerüche gewohnt ist ,Autofahrt und Stadtbesuch hinter sich hat sowie vertrauensvolle Bindung zu mehreren Menschen kennen gelernt hat sollte selbstverständlich sein.
Nächster Punkt ist die Auswahl des Welpenkäufers. Ja, Sie lesen richtig! Einen geeigneten Züchter haben Sie dann gefunden, wenn dieser seine Hunde nicht einfach abverkauft wie Frischmilch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. Der gute Züchter sollte anhand seiner Erfahrung Wesenszüge eines jungen Hundes erkennen und zusammen mit dem Käufer einen charakterlich zu ihm passenden Welpen aussuchen. Ebenso wird er einschätzen können, ob ein Hundehalter körperlich in der Lage ist, ein ausgewachsenes Exemplar dieser Rasse zu managen. Da kann die ältere Dame noch so charmant lächeln oder sich der Filius noch so sehr in ein niedliches Hundebaby verguckt haben… Dies alles ist erst einmal rasse- und verbandsunabhängig und sollte genauso für Mischlingswelpen gelten. Ein guter Züchter wird beispielsweise auch niemals einem Käufer, den er nicht kennt, einen Welpen hinterherfahren. Und –merke! – er wird Verträge bereit halten, die Haltungsbedingungen und Rücknahme regeln. Noch ein Tipp: Seien Sie nicht verärgert, wenn sich Ihr Züchter noch eine Bestätigung vom Vermieter oder den Mietvertrag vorlegen lässt, um zu sehen, wie die Hundehaltung bei Ihnen zuhause geregelt sein wird. Sie sind dann an ein besonders sorgfältiges und gewissenhaftes Exemplar geraten. Freuen Sie sich darüber. Er handelt im Sinne Ihres Hundes.

Die Realität

Oft frage ich mich, warum eigentlich niemand auf die Idee kommt, an Züchter nicht reinrassiger Hunde die gleichen Ansprüche zu stellen - zumal wesentlich mehr Mischlinge geboren und vermittelt werden als Rassehunde. Sitzt ein Mischling in einem Tierheim ist er ein armer Hund und der ehemalige Halter das Schwein. Bei Rassehunden wird sofort nach dem Züchter gerufen, der dann das Schwein ist. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Weil ein Hund nicht 50,- Euro sondern 1000,- Euro gekostet hat und dieser Gedanke durch die Köpfe spukt „Na der hat sich doch eine goldene Nase verdient - dann muss er den Hund doch auch jederzeit zurücknehmen! Oder?“. Wie nur konnte ein Hundezüchter einem solchen Menschen einen Hund vermitteln? - das ist die Frage die ich mir dann stelle. Die Wahrheit ist: Niemand kann einen Menschen erkennen, der seine Verantwortung nicht tragen möchte. Keinem Menschen sieht man auf Anhieb an, ob er faul, dumm oder ignorant ist. Und da helfen auch keine Verträge. Ich bin heute dankbar, wenn mich „Ali“ anruft und sagt „Ey, hasch du Bidbull?“ oder wenn Martin gleich kund tut „der Hund muss ran an den Mann!“ Das sind diejenigen, die ich offensichtlich und ruhigen Gewissens aussortieren kann. Der große Rest der potentiellen Hundekäufer hat gute Vorsätze und würde doch „niemaaaaaals… – aber nein…“ Natürlich wollen die ihren Hund pflegen bis er an Altersschwäche… in ihrem Bette liegend… mit Lobgesang ins Himmelreich verabschiedet werden muss. Jeder möchte in die Hundeschule gehen, ein Jeder will einen guten und lieben Hund (außer Ali und Martin vielleicht) und ist vordergründig bereit, das Nötige an Aufmerksamkeit, Zuwendung und Zeit in sein Tier zu investieren. Und doch liegen Anspruch und Wirklichkeit meist weit auseinander. (Man denke bloß daran, wie viele Menschen jährlich zu Sylvester mit dem Trinken und Rauchen aufhören, sich gesund ernähren und künftig regelmäßig Sport treiben wollen. Ich fürchte allerdings, die Wirtschaft kann keine nennenswerten Schwankungen in ihren Verkaufszahlen nach Sylvester verzeichnen.)
Rücknahmevereinbarungen sind ein zweischneidiges Schwert und eröffnen Menschen, die sagen-wir-einmal „nicht erfolgreich“ waren in ihren Erziehungsbemühungen am Hund, die Möglichkeit, sich dessen auf bequeme Art und Weise zu entledigen. Denn tatsächlich sind Verhaltensprobleme die häufigste Ursache dafür, dass Hunde wieder zum Züchter zurückgehen. Jeder Züchter ist glücklich wenn der neue Hundebesitzer im Problemfall die Vermittlung selbst in die Hand nimmt . Aus Erfahrung wissen wir jedoch dass Menschen die nicht imstande sind Verantwortung zu tragen auch nicht verantwortungsvoll vermitteln können.Also nehmen wir das lieber selbst in die Hand. Meist machen Hundeallergie und Co/Kg ein schnelles handeln erforderlich also diejenigen Abgabegründe die jedes Tierheim und jede Tierschutzorganisation zu genüge kennt.
Ich möchte anhand des Beispiels einer zweijährigen American Bulldog-Hündin verdeutlichen, wie unglücklich eine scheinbar gute Vermittlung vonstatten gehen kann. Die Hündin war bis zum Alter von einem Jahr bei mir, lebte in meinem Rudel, war erzogen und sozialisiert. Eine Familie stellte sich vor und alles schien zu passen: Haus mit Garten, Hundeerfahrung, Kind, alles wunderbar. Wie im Bilderbuch. Was ich nicht sehen konnte: die Ehe war wohl bereits zerrüttet, wochenlang herrschte zwischen den Großen Streit und Terror. Endlich Trennung. Die Frau, dann nervlich angeschlagen, schlug die Bulldoghündin mehrfach als sie den Zweithund -einen Yorkshire- verwies und ihre Position deutlich machten wollte. Beim Spazierengehen reagierte die Frau völlig überzogen, schlug die Hündin oder schrie sie an, wenn die zu einem anderen Hund hinzog. Von alledem bekam ich natürlich nichts mit bis es eigentlich zu spät war. Irgendwann rief die Frau an, weinte, sie käme mit dem Hund nicht mehr klar. Ich versuchte, ihr mit Ratschlägen zu helfen, bot ihr an einzeln oder in der Gruppe mit ihr und dem Hund zu arbeiten. (Unentgeltlich selbstverständlich, denn ich bin ja ein guter Züchter.)
Eine Woche später erfuhr ich von einem Freund, dass die Hündin im Internet inseriert wurde. Ich ließ jemanden anrufen und hörte zu meinem Erstaunen, dass der Hund für etwa 200,- Euro weggegeben werden sollte - Hauptsache weg, so schien es. Ich stellte die Frau zur Rede und holte den Hund am Ende für 300,- Euro zurück. Dies alles, obwohl vertraglich vereinbart war, dass sie den Kaufpreis von 800,- Euro zurückerhalten hätte, wenn sie mich vorab informiert hätte... In solch einem Fall habe ich also einen Hund auf dem Hof, der erst einmal einzeln gehalten werden muss, da er ständig in Stress und Panik verfällt, wenn auch nur ein einzelner Artgenosse in die Nähe kommt. Mindestens vier Wochen vorsichtiger Arbeit stehen an, bis dies alles wieder einigermassen hingebogen ist. Und ich lebe solange mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch, bis ich den Hund dann (kostenlos) an einen guten Platz vermitteln kann – natürlich nur zu Jemandem, der meine Arbeit fortführt. Dies ist immer ein reiner Glücksfall, denn natürlich steht nicht an jeder Ecke ein Hundekäufer parat, der sich einen zweijährigen verbogenen Hund antun möchte; und der zudem viel Zeit, Liebe und Arbeit zu investieren bereit ist und sich beraten lässt. Mittlerweile ist der Hund wieder vermittelt, mir jedoch steht nach einem Jahr nun aktuell noch eine Klage ins Haus, weil dieser Frau plötzlich eingefallen ist, sie habe ja eigentlich 500,- Euro zu wenig erstattet bekommen. Diese Geschichte ist in den 15 Jahren, die ich als Züchter arbeite wahrlich kein Einzelfall. Und tatsächlich habe ich noch nie einen Hund zurückbekommen, der vertrauensvoll erzogen und artgerecht gehalten wurde. Natürlich gibt es Ausnahmefälle, in denen wirkliche Notsituationen die Menschen veranlassen, ihren Liebling schweren Herzens abzugeben, doch die sind selten und denen hilft auch jeder Züchter gerne.
Heute kann ich den einen oder anderen Züchter verstehen, mit dem ich früher erhitzt darüber debattierte, ob das oft zitierte „Aus den Augen – aus dem Sinn“ nicht eines verantwortungsbewussten Menschen/eines eben solchen Züchters unwürdig sei. Zugegeben, nicht jeder Züchter hat meine Möglichkeiten, hat Platz und genügend Hundekenntnis, um sich solchen Problemen stellen zu können. Leider ist mir aber bis heute auch noch Niemand begegnet, der mir seinen Hund zurückgab und der mir für diese Möglichkeit dankbar gewesen wäre. Nach etlicher solcher Erlebnisse droht mir manches Mal die Lust an der Freude zu vergehen und ich stelle an mir fest, dass ich immer noch misstrauischer und kritischer werde. Und offen gestanden frage ich mich in solchen Momenten auch, wofür ich das alles eigentlich tue. Ich werde sowenig reich durch die Zucht wie jeder andere Liebhaberzüchter auch. Im Gegenteil, ich bin froh, wenn sich wenigstens die Unkosten decken lassen. Vielleicht haben Sie ja noch Glück als Züchter, Ihr Partner ist noch nicht auf und davon, Sie haben ab und zu einen Hundesitter und können es sich leisten, mal wegzufahren; möglicherweise sind gar Ihre Nachbarn tolerant und Ihre Freunde verstehen Ihren Spleen. Dann werden sie solche Vorfälle zwar auch kennen sie aber problemlos wegstecken… - meist ist es anders.
Doch just wenn ich solche Tage habe, dann besucht mich prompt eine „Familie Meier“, die sich vor fünf Jahren einen Welpen geholt hat. Die berichten dann Stunden davon, wie der sich zu einem Prachtkerl entwickelt hat, erzählen von den kleinen und grossen Erlebnissen mit ihrem Liebling und ihre Augen glänzen wie am ersten Tag. Dann schaue ich wehmütig-sehnsüchtig meine Hunde an und plane im Geiste den nächsten Wurf. Den Wurf, bei dem natürlich alles besser wird. Den Wurf, aus dem jeder Welpe seine „Familie Maier“ finden wird. Und ich hoffe im Stillen, dass nach wie vor häufiger eine „Familie Maier“ den Weg zu mir findet als „Ali“ oder „Martin“.


Peter Löser
Hundezentrum Löser
Wiesenhofen 4
88273 Fronreute
Tel. : 07505 - 956241
www.hundezentrum-loeser.de

Keine Kommentare: